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Christinenberg wird Kampfgebiet Das 6. Kriegsjahr begann mit viel Schnee und strengem Frost. An der
Ostfront startete die Rote Armee am 15. Januar eine gewaltige Offensive, die
alle Dämme durchbrach. Bald brandete die Rote Flut an den Grenzen Pommerns. Am
3o. Januar erreichen die russischen Panzer zwischen Küstrin und Frankfurt die
zugefrorene Oder. Der Pommernwall, eine lückenhafte Verteidigungslinie aus den
20 und 30er Jahren - ohne schwere Waffen, die waren am Atlantikwall
untergegangen - sollte den Feind stoppen.
Im Wissen um die Unzulänglichkeit dieser Befestigungen waren bereits im Herbst Tausende von Frauen und Jugendliche als „Schipper“ eingesetzt, um Panzergräben und Stellungen auszuheben.
Durch den Vorstoß auf Küstrin war nun Pommern auch noch zusätzlich
vom Süden bedroht. Russische Einheiten erreichten Ende Januar den Kreis Pyritz,
ihre Angriffsrichtung zielte auf Stettin.
Mit einer bisher nicht gekannten Massierung von Panzern auf engem Raum
wurden die deutschen Verteidigungsstellungen immer wieder durchbrochen.
Unsere Soldaten kämpften mit dem Mut der Verzweiflung, um Zeit zu gewinnen und
den Bewohnern der Dörfer und Städte die Flucht vor der Roten Furie zu ermöglichen.
Das gelang aber nur teilweise. Sie konnten nur das Vordringen des Feindes verzögern,
zur Wendung des Geschehens reichte ihre Kraft, reichten ihre Waffen nicht mehr
aus. Die Rote Flut ergoss sich über Pommern. Die Räumungsbefehle kamen meist
zu spät. Die Trecks wurden von den Panzern überrollt. Plünderungen,
Vergewaltigungen und ein hemmungsloses Morden waren Wegbegleiter des russischen
Vormarsches. In den Dörfern und Städten, für die der Räumungsbefehl zu spät kam,
waren die Bewohner einem entsetzlichen Martyrium durch die Russen
ausgeliefert. Jeder 4. Einwohner wurde umgebracht oder starb an den Folgen der
Besatzung. Anfang März 45 verlief die Front etwa auf der Linie Bahn, Pyritz, Madüsee,
Jakobshagen. Sie war so 20 km von Christinenberg entfernt. Der Räumungsbefehl
setzte einen Abstand von 15 km zur Front voraus. Auf dem Bahnhof wurde
Munition umgeschlagen, im Wald ein Munitionslager unter Bewachung von russischen
Hilfswilligen eingerichtet.
Am 3. März setzten die Russen zum Durchbruch auf Stettin an. Mit ihrem
Angriff entlang der Bahnlinie Stargard-Altdamm versuchten sie die deutschen
Verbände abzuschneiden - und damit gleichzeitig der Bevölkerung jede Fluchtmöglichkeit
zu nehmen. Würde der Fluchtweg nach Süden abgeschnitten, dann gab es nur noch
die schwierigere Möglichkeit nach Norden über Gollnow nach Langenberg
auszuweichen und zu hoffen, dort mit der Fähre übergesetzt zu werden.
Da die Russen gleichzeitig am 3. März von Jakobshagen aus nach Naugard vorstießen, am 5. März Naugard einnahmen und am 6. März vor Gollnow standen, war der Weg nach Norden versperrt. Jetzt war die Situation für unsere Dörfer bedrohlich, es musste gehandelt werden, und so erging am 5. März der Räumungsbefehl. Um 10 Uhr läuteten die Glocken. Sie mahnten die Bewohner zum Aufbruch und läuteten gleichzeitig die Todesstunde des Dorfes ein.
Der Volkssturm hatte sich schon vorher aufgelöst. Die Parteivertreter hatten
sich rechtzeitig auf den Weg gemacht. Am Abend des 5. März war das Dorf geräumt.
Der Treck zog in der Nacht, Wagen an Wagen, in Zweier- und Dreierreihen über
die Autobahn. Es war ein mühsames Vorankommen, immer wieder vom Halt
unterbrochen. Dazu warfen die russischen Nachtbomber wahllos ihre Bomben in den
Flüchtlingszug. Es gab Tote und Verwundete.
In der Nacht vom 5. auf den 6. März fielen auch auf Christinenberg die
ersten Bomben, getroffen wurde das Haus von Paul Berg. Wie ernst die Lage war,
zeigt der Einsatz von JU 87 Maschinen am 6. März längs der Autobahn, die nach
durchgebrochenen Panzern suchten. Am 7. März sind die Russen in Hinzendorf und
am 8. in Augustwalde.
Unsere Heimat wurde verteidigt von den Resten des dritten Germanischen Panzerkorps mit dem Divisionen Nederland, und Nordland, der 10. SS-Panzerdivision Frundsberg und dem Fallschirmjägerregiment 25. Genau gesehen sind es nur die Reste einiger ausgebluteter Divisionen, denn die
Gefechtsstärke liegt unter 50 Prozent. Sie kämpft gegen einen Gegner,
der ihr an Panzern und Infanterie zehnfach überlegen ist. Nur ihrem
opferbereiten Einsatz verdanken die Christinenberger und Rörchener und die
Bewohner der umliegenden Dörfer, dass sie nicht in die Hände der Russen
fielen.
Im Norden verteidigte die 10. SS-Division Naugard und Gollnow. Massow gehörte zum Verteidignungsbereich der Nederland. Im Verband dieser Divisionene kämpfte auch das Fallschirmjägerregiment 25 mit zwei Batailionen. Am 5. März wehrten die Fallschirmjäger an der Straße Masow-Falkenberg alle Angriffe ab, doch wurde die Front an anderen Stellen durchbrochen. Am 7. März um 3 Uhr früh wird Massow geräumt. Bis in die Nachtstunden des 7. März wird Gollnow von der Division Frundsberg gehalten. Am 7.März wird der Divisionsgefechtsstand dieser Division vom Gutshaus in Rörchen nach Finkenwalde verlegt. Am 8. März wird der Brückenkopf Altdamm besetzt. Innerhalb der Hauptkampflinie des nördlichen Teiles dieses Brückenkopfes liegen die Dörfer: Lübzin, Ibenhorst, Sophiental, Rörchen, Christinenberg und Hornskrug. Von Sophiental bis Christinenberg stehen Teile des 2. Regimentes Darnmark, Teile der Aufklärungsabteilung 115, das Fallschirmjägerregiments 25 und Teile der Nederland.
Bereits am 9. März beginnen heftige Angriffe der Sowjets auf Sophiental
und Rörchen. Männer der Waffen-SS, des Heeres und der Fallschirmjäger
kämpfen verbissen gegen einen weit überlegenen Feind. Christinenberg
wird nun Kampfgebiet. Die Sowjets dringen von der Chaussee her in Christinenberg ein.
Besonders hart betroffen wird Klein Christinenberg durch Granatbeschuss und Brände.
In Groß Christinenberg erfolgt der Angriff von der Bahnhofstraße aus.
Gasthof Langkabel und seine Nachbarhäuser werden Opfer der Flammen, ebenso das
Haus vom Tierarzt Bernd, das Sägewerk Conrad, das Haus Steffen und die neue
Schule.
Dazu heißt es in der Geschichte des III. Germanischen Panzerkorps von
W. Tielke: "Am 10.03 entwickeln sich heftige Kämpfe um Christinenberg. Die Kompanien
schmelzen auf Zugstärke zusammen. Das Dorf geht verloren. Am 11.03 wird um
Friedrichsdorf gekämpft. Es wird völlig zerstört. In der Nacht wird die HKL
auf die Dörfer Bergland, Oberhof und Hornskrug zurückgenommen und bis zum
15.03 gehalten."
In der Nacht sieht man rings um den Brückenkopf Altdamm den Feuerschein
der brennenden Dörfer. Ein erschütterndes Bild. Die Flammen zeigen
zuverlässig den Standort der Russen an. Wer das Land kennt, kann auch die Namen
der Orte dem Feuer zuordnen. Der Oderbrückenkopf Altdamm wird weiter eingeengt und am 20. März endgültig geräumt; die Autobahn - und Eisenbahnbrücken gesprengt. Bis auf den kleinen Brückenkopf Langenberg war ganz Hinterpommern nun von den Russen besetzt. Die in der Heimat Verbliebenen sind vogelfrei, jeder Willkür ausgeliefert.
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