Drittes Reich
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Die Jahre des Dritten Reiches

 

Dem Nationalsozialismus begegneten die Einwohner unserer Dörfer mit Skepsis, ja mit offener Abnei­gung. Allerdings gibt das heute in den Medien ge­zeichnete Bild die Wirklichkeit dieser Zeit nicht wieder, so wie sie dargestellt wird, war sie nicht. Die 1933 und später eingeleiteten Maßnahmen stabilisierten sehr schnell die wirtschaftlichen Verhältnisse und führten in wenigen Jahren zum 1. deutschen Wirtschaftswunder. Die Männer fanden wieder Arbeit. Die am Boden liegenden Bauernhöfe wurden entschuldet. Es gab annähernd gerechte Preise für die land­wirtschaftlichen Produkte, wo­durch eine planmäßige Erzeugung möglich wurde. Der Bauer und der Arbeiter gewannen an Achtung. Der Standesdünkel sollte zu Gunsten der Volksgemein­schaft verschwinden. Das Erbhofgesetz sicherte die Existenz der bäuerlichen Familien.

 

Die ideologischen Auswüchse des Systems fanden auf dem flachen Land keinen Nährboden.

Im Herbst 1937 verließ der im Dorf praktizierende jüdische Arzt Dr. Rudolfsohn Christinenberg und wanderte nach Amerika aus. Den Hin­tergrund dazu lieferten die Ausschreitungen in den Städten, hier gab es dergleichen nicht. Nachfolger war Dr. Hermann Schieber, ebenfalls ein sehr beliebter Arzt und Menschfreund.

 

In den Ferienmonaten rollte ein langer Strom von Urlaubern mit ihren Pkws über die Chaussee zur Ost­see und zurück. Der Püttköhler kaufte in dieser Zeit alle Eier im Dorf auf, um seine Gäste zu ver­sorgen. - Jeder Ort erhielt einen Ortsbauernführer, der raten

und helfen sollte, bei ent­sprechender Veranlagung aber auch kontrollieren und schikanie­ren konnte.

 

Die NSDAP war vertreten durch den Ortsgruppenleiter und Bürgermeister Hanig, der seit etwa 1932 Parteimitglied war. In Rör­chen war Lehrer Goetsch Ortsgruppenleiter. Die NS-Frauen­schaft leitete Frau Elfriede Tanck in Rörchen. Für die Nationalsozialistische Vokswohlfahrt war Ernst Tanck tätig.

 

Kirchliche Auseinandersetzungen zwischen Deutschen Christen und Be­kennender Kirche hat es im Ort nicht gegeben.

 

Der Krieg veränderte das Leben im Dorf. Die Männer wurden einberu­fen, viele kamen nie zurück. Gefan­gene und Fremdarbeiter kamen ins Dorf, und schließlich die Evakuierten aus den Großstädten. Für die Unterbringung der Evakuierten und Ausgebombten war Ernst  Tanck von der NS-Volksführsorge tätig.

 

Die Land­wirte wurden zu Selbstversorgern ernannt. Wer schlachten wollte, hatte das Vieh vorher amt­lich wiegen zu lassen. Wiegemeister Hollmichel war nicht kleinlich, eine zugesteckte Wurst vor dem Verfahren veränderte das Endgewicht erheblich.

 

Schon in den ersten Kriegsjahren konnten die Be­wohner unser Dörfer die Luftangriffe auf die Hy­drierwerke Pölitz und die Stadt Stettin di­rekt be­obachten und die Grauenhaftigkeit dieser nächtlichen Angriffe auf die Wohnviertel der Städte nachempfinden.

 

Als die Kriegsfurie immer näher an die deutschen Grenzen heranrückte, zog auch in den Dörfern die Unruhe und Angst in die Herzen ein. Kamen doch schon im Herbst 1944 die ersten Trecks der Ostpreu­ßen ins Dorf und weiter über die Oder. Nur über die Oder, nicht den Russen in die Hände fallen, war ihre Devise.

 

Ab Januar 1945 begann ein endloser Flüchtlingsstrom durchs Dorf zu ziehen. In den ersten Tagen im März war dann auch für unsere Gemeinden die Stunde des Auszuges aus der Heimat gekommen.

 

Mit blutendem Herzen reihten sie sich stumm in den Elendszug ein, wurden von ihm mitgerissen. und bis ans ferne Meer getragen. Von Stunde an waren sie heimatlose Flüchtlinge - und sind es bis Ende ihres Lebens geblieben. Ein Schicksal, dass nur der in seiner ganzen Tragik begreift, der es selber durchlitten hat.

 

So rollte dann ein Wagen nach dem anderen aus dem Ort, den die Vorfahren erbauten, aus dem Land, das sie mit Not und Arbeit fruchtbar gemacht hat­ten. Ihre einzige Hoffnung, die baldige Rückkehr in ein freies Land, sollte sich nicht erfüllen. Hochkriminelle Politiker hatten anders entschie­den. Die zurückblieben und die zurückkamen erlebten der Marter viele.

 

Allen, die hier lebten und starben, von deren Grä­bern kein Stein mehr kündet, sind diese Zeilen zum Gedächtnis gewidmet.

 

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